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Die Umsatzsteuer bei Vermietung und Verpachtung von Grundstücken

Geschrieben von Irina Neschenz Kategorie

Umsatzsteuerbefreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach § 4 Nr. 12 UStG

Anpassung an das Unionsrecht, Vermietung von Standflächen auf Kirmessen (Änderung der Verwaltungsauffassung) und Bestellung dinglicher Nutzungsrechte

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 - S-7168 / 08 / 10001 vom 21.01.2016

Die Einordnung, ob umsatzsteuerrechtlich eine Vermietungs- oder Verpachtungsleistung vorliegt, richtet sich nach der Rechtsprechung des BFH nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern folgt der richtlinienkonformen Auslegung von Artikel 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL.

Die Vermietung von Standflächen bei einer Kirmesveranstaltung durch eine Gemeinde kann als einheitliche Leistung gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG in vollem Umfang umsatzsteuerfrei sein, wenn die Überlassung der Standplätze als wesentliches Leistungselement prägend ist und darüber hinaus erbrachte Organisationsleistungen als Nebenleistungen anzusehen sind.Bei der Bestellung dinglicher Nutzungsrechte fällt nicht jegliche abgesicherte Leistung unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. c UStG, sondern nur solche Leistungen, die im Ergebnis ihrer Art nach eine Vermietung oder Verpachtung darstellen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird deshalb der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I Seite 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 15. Dezember 2015 III C 3 - S-7015 / 15 / 10003 (Dok.-Nr. 2015/1045194), BStBl I Seite 1067, geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. Abschnitt 3a.3 Abs. 4 Satz 2 wird wie folgt gefasst:„

2Zum Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken vgl. Abschnitt 4.12.1.“

2. Abschnitt 4.12.1 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Die Sätze 2 bis 6 werden wie folgt gefasst:

„2Die Frage, ob eine Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a UStG vorliegt, richtet sich nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern nach Unionsrecht (BFH-Urteile vom 8. 11. 2012, V R 15/12, BStBl 2013 II S. 455, und vom 28. 5. 2013, XI R 32/11, BStBl 2014 II S. 411). 3Danach setzt die Vermietung eines Grundstücks voraus, dass dem Mieter vom Vermieter auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, das Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. 4Für die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung als „Vermietung“ in diesem Sinne zu behandeln ist, sind alle Umstände des Einzelfalls, vor allem der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zu berücksichtigen. 5Maßgebend ist insoweit der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben (vgl. EuGH-Urteil vom 16. 12. 2010, C-270/09, Macdonald Resorts Limited). 6Diese Voraussetzungen gelten auch für die Verpachtung eines Grundstücks (vgl. EuGH-Urteil vom 6. 12. 2007, C-451/06, Walderdorff) und die hierdurch typischerweise eingeräumten Berechtigungen an dem Grundstück zur Ausübung einer sachgerechten und nachhaltigen Bewirtschaftung.“

bb) Die bisherigen Sätze 5 und 6 werden neue Sätze 7 und 8.

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

(2) 1Für die Vermietung eines Grundstücks ist es nicht erforderlich, dass die vermietete Grundstücksfläche bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags bestimmt ist. 2Der Mietvertrag kann auch über eine zunächst unbestimmte, aber bestimmbare Grundstücksfläche (z. B. Fahrzeugabstellplatz) geschlossen werden. 3Die spätere Konkretisierung der Grundstücksfläche kann durch den Vermieter oder den Mieter erfolgen. 4Die Dauer des Vertragsverhältnisses ist ohne Bedeutung. 5Auch die kurzfristige Gebrauchsüberlassung eines Grundstücks kann daher die Voraussetzungen einer Vermietung erfüllen. 6Die Dauer der Gebrauchsüberlassung muss nicht von vornherein festgelegt sein. 7Auch vertragliche Beschränkungen des an der Mietsache bestehenden Nutzungsrechts schließen nicht aus, dass es sich um ein ausschließliches Nutzungsrecht handelt (vgl. EuGH-Urteil vom 18. 11. 2004, C-284/03, Temco Europe).“

c) In Absatz 3 Satz 4 wird dem Verweis „BFH-Urteile vom“ das Wort „vgl.". vorangestellt.

d) In Absatz 4 wird folgender neuer Satz 5 angefügt:

„5Steuerpflichtig ist hingegen die Vermietung beweglicher Gegenstände wie z. B. Zelte, Wohnanhänger und Mobilheime (vgl. EuGH-Urteil vom 3. 7. 1997, C-60/96, Kommission); vgl. aber Abschnitt 4.12.3 zur Vermietung von Campingflächen.“

e) In Absatz 6 Satz 3 wird vor dem Verweis „BFH-Urteil vom“ das Wort „vgl.". eingefügt.

3. Abschnitt 4.12.4 wird wie folgt gefasst:

„4.12.4. Abbau und Ablagerungsverträge
1Verträge, durch die der Grundstückseigentümer einem anderen gestattet, die im Grundstück vorhandenen Bodenschätze, z. B. Sand, Kies, Kalk, Torf, abzubauen, sind unter den in Abschnitt 4.12.1 Abs. 1 genannten Voraussetzungen in der Regel als Pachtverträge anzusehen und von der Umsatzsteuer befreit (vgl. BFH-Urteil vom 28. 6. 1973, V R 7/72, BStBl II S. 717).2Verträge über die entgeltliche Überlassung von Grundstücken zur Ablagerung von Abfällen - z. B. Überlassung eines Steinbruchs zur Auffüllung mit Klärschlamm - sind unter den in Abschnitt 4.12.1 Abs. 1 genannten Voraussetzungen in der Regel als Mietverträge anzusehen und von der Umsatzsteuer befreit. 3Dies gilt auch dann, wenn sich das Entgelt nicht nach der Nutzungsdauer, sondern nach der Menge der abgelagerten Abfälle bemisst.“

4. Abschnitt 4.12.6 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 wird vor dem Verweis „BFH-Urteile vom“ das Wort „vgl." eingefügt.

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

aa) Die Nummern 2 und 3 werden gestrichen.

bb) In Nummer 6 wird vor dem Verweis „BFH-Urteil vom“ das Wort „vgl.“ eingefügt.

5. Abschnitt 4.12.8 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) 1Unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe c UStG fallen insbesondere der Nießbrauch (§ 1030 BGB), die Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB), die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) sowie das Dauerwohnrecht und das Dauernutzungsrecht (§ 31 WoEigG), wenn die Bestellung solcher dinglicher Nutzungsrechte vom Begriff der Vermietung und Verpachtung nach Abschnitt 4.12.1 umfasst wird. 2Danach ist z. B. die entgeltliche Bestellung eines unwiderruflich eingeräumten dinglichen Nutzungsrechts zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach den Naturschutzgesetzen nicht nach § 4 Nr. 12 UStG befreit (vgl. BFH-Urteile vom 8. 11. 2012, V R 15/12, BStBl 2013 II S. 455, und vom 28. 5. 2013, XI R 32/11, BStBl 2014 II S. 411). 3Es fallen nur jene dinglichen Nutzungsrechte unter die Steuerbefreiung, die - wie z.Β. die Einräumung des Wegerechts - dem Inhaber ein Nutzungsrecht an dem Grundstück geben (vgl. BFH-Urteil vom 24. 2. 2005, V R 45/02, BStBl 2007 II S. 61).“

b) In Absatz 2 wird Satz 4 gestrichen.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze und Teilleistungen, die vor dem 31. Dezember 2015 erbracht werden, wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen im Zusammenhang mit der Vermietung von Standflächen bei Kirmesveranstaltungen abweichend von diesem Schreiben als umsatzsteuerpflichtig behandelt.

 

Quelle: BMF

 

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